Mittwoch, 19. November 2014

Tom Perrotta - Die Verlassenen - The Leftovers [Beate]


Am 14. Oktober geschieht etwas unfassbares: 2% der Weltbevölkerung haben sich einfach in Luft aufgelöst. Sie sind von einem Moment auf den anderen verschwunden. Wo sind sie hin? Ist das die Erweckung von der die Bibel spricht? Aber warum wurden dann auch so viele schlechte Menschen entrückt und so viele Gute mussten hier bleiben? Wie gehen die Zurückgebliebenen damit um? Was passiert nach der Entrückung? Diesem Thema geht der Autor Tom Perrotta auf den Grund. Und ich finde, das hat er wirklich gut gemacht.

Der Fokus der Geschichte liegt auf der amerikanischen Kleinstadt Mapleton und dort hauptsächlichen auf den Familien Garvey und Durst. Nora Durst hat alles verloren was ihr wichtig war: Ihren Mann und ihre beiden süßen Kinder. Sie leidet schrecklich und weiß nicht, wie sie ihr Leben einfach so weiterleben soll. Sie sehnt sich so nach ihren Kindern, dass sie bald den Verstand verliert. 

Kevin Garvey hatte eigentlich großen Glück, denn seine Familie blieb verschont. Zuerst einmal. Doch schon bald schloss sich seine Frau einer der obskuren Sekten an, die nach dem "plötzlichen Fortgang", wie die Erweckung genannt wird, wie Pilze aus dem Boden schießen. Die Sekte nennt sich "der schuldige Rest". Die Mitglieder tragen nur weiß, legen ein Schweigegelübde ab und müssen in der Öffentlichkeit immer rauchen. Ähhh ja.... Das Rauchen soll zeigen, dass sie jederzeit Gott ein Opfer bringen. Klar, für einen Kettenraucher ist das ein besonders schweres Opfer. Ich musste echt lachen. 

Kevis Sohn Tom bricht das Studium ab und schließt sich dem Propheten Holy Wayne und dessen Bewegung der heilenden Umarmung an. Toms Schwester Jill schließlich, droht am Weggang der Mutter zu zerbrechen. Wie kann ihr eine Sekte wichtiger sein, als ihre Familie? Wie kann sie das große Glück, niemanden verloren zu haben, einfach so mit Füßen treten? Jill fängt an die Schule zu schwänzen, sucht sich neue Freunde und rutsch immer weiter ab. Kevin versucht verzweifelt für seine Tochter dazu sein, aber er scheitert kläglich.

Ich finde es schon ziemlich realistisch was der Autor hier aufgezeigt hat und bin mir sicher, dass nach so einem plötzlichen Fortgang wirklich sehr viele Sekten auftauchen würden. Es gibt auch noch die Barfüßler, deren Sinn es ist, Party zu feiern, Gras zu rauchen und Orgien zu veranstalten. Um erkannt zu werden, malen sich die Mitglieder eine Zielscheibe auf die Stirn und sie waschen sich nicht, weil ja bekanntlich wahre Schönheit aus dem Innern kommt. Wems gefällt..... 

Oft habe ich darüber nachgedacht wie ich wohl reagieren würde, wenn plötzlich meine ganze Familie weg wäre und ich alleine noch übrig. Könnte ich das verkraften? Einfach so weiter machen wie bisher? Würde ich auch Trost in einer der Sekten suchen?

Der Schreibstil des Autors rundet das ganze ab und machte es zu einem sehr außergewöhnlichen Buch. Nur ein Punkt hat mich gestört: es blieben einfach zu viele Fragen offen. Ich vergebe daher 4 von 5 Byrons und bin wirklich froh, dieses Buch gelesen zu haben. Es wurde übrigens verfilmt und die Serie "The Leftovers" soll auf Sky laufen. Falls ich sie  entdecke, werde ich bestimmt mal rein schauen.

© Beate Senft