Donnerstag, 28. März 2013

Paul Sandmann - Tristan

Der gut aussehende Tristan arbeitet als erfolgreicher Investmentbanker und lebt in London. Frauen dienen nur zum Zeitvertreib und alles was er wirklich liebt ist er selbst. Zusammen mit seinen Freunden und Arbeitskollegen verbringt er viel Freizeit, sie sprechen über Frauen, Geld, ihre Arbeit. Etwas wichtigeres gibt es nicht in ihrem Leben. Tristan verschwendet keinen einzigen Gedanken an die Frauen denen er das Herz bricht. Sie sind ja selbst schuld. Warum müssen sie sich in ihn verlieben? Doch dann bekommt seine heile Welt langsam die ersten Risse. Kann er den Verfall aufhalten oder rast er auf den Zusammenbruch zu?

Nachdem ich die ersten Kapitel dieses Romans gelesen hatte, überlegte ich eine Weile an wen mich Tristan erinnert. Und es fiel mir auch ein, denn Tristan hat sehr viel gemeinsam mit Julien Sorel, der Hauptfigur von Stendahls Roman Rot und Schwarz. Genau wie Julien kümmert sich auch Tristan immer nur um die Befriedigung seiner Bedürfnisse, sind für ihn die Frauen die er verführt nur ein Zeitvertreib. In seinem Narzissmus hat er aber auch einige Ähnlichkeit mir Dorian Grey von Oscar Wilde, der sich auch wahnsinnig viel auf sein Aussehen einbildete und dem nicht einmal der Gedanke kam, eine Frau könnte ihn nicht anziehend finden. Ihn vielleicht sogar ablehnen.

Doch obwohl Tristan so unsympathisch ist, kann man doch nicht aufhören weiterzulesen, denn man hofft auf den Moment, an dem Tristan kräftig auf die Nase fällt. Ob dieser Zeitpunkt kommt, werde ich nicht verraten, da müsst ihr das Buch schon selbst lesen.

"Erst wenn die erotische Liebe durch eine tiefe Freundschaft der beiden Partner getragen wird, kommt es zur wahren Liebe, die beide Partner zu einer Einheit verschmelzen lässt und stark genug sein kann, um die Herausforderungen des Lebens zu meistern" (Pos. 1167 auf dem Kindle)

Das predigte ein Priester bei einer Messe, aber ich bin mir sicher, dass Tristan gar nicht verstand was der Kirchenmann damit sagen wollte. Aber durch dieses Zitat kann man sehen, dass das Buch hauptsächlich durch die poetische Sprache des Autors lebt.

Man wird eingeladen einen Blick in die Welt der Investmentbanker zu werfen. Die Machenschaften mancher Banken und was sie alles tun um einen Auftrag an Land zu ziehen. So müssen z.B. Tristan und sein Kollege und Freund Marcus mit Kunden durch die Stripclubs ziehen und schauen, dass sich die Investoren auch gut amüsieren.

"Jedes Jahr sehnte er voller Vorfreude diesen Tag herbei, an dem er die gemusterten Filzpantoffeln ablegen und die häuslichen Ketten sprengen konnte: eben jenen Tag, an dem ihn sein langweiliger Beamtenberuf die Erfüllung seiner verborgenen Laster ermöglichte, still, sauber und ohne dabei an seinem Portmonee oder sein Gewissen zu rühren." (Pos. 1299 auf dem Kindle)

Ab und zu fand ich aber die Gespräche über Rendite, Hedge Fonds, Aktienpakete und den Immobilienmarkt etwas langatmig und ermüdend.

Zwischendurch gibt es immer noch kurze Passagen eines 2. Erzählstrangs über Jeff, seine Frau Emiliy und ihre kleine Tochter. Die Familie lebt in Amerika und durch sie bekommen wir einen Einblick in die Auswirkungen des Finanzmarktes. Jeff und seine Frau werden überredet sich ein Häuschen zu kaufen, obwohl Jeff nur als Pflasterleger arbeitet und seine Frau 2 mal die Woche putzen geht. Kann das wirklich gut gehen?

Alles in allem fand ich das Buch sehr unterhaltsam, auch wenn ich Tristan von Herzen gewünscht habe, dass er mal so richtig auf die Nase fällt. Durch die langatmigen Passagen muss ich aber 2 Pünktchen abziehen und so vergebe ich für diesen Roman 8 von 10 Punkten.


© Beate Senft